09.07.2025 *
Giacomo Puccini und seine Oper ‚Tosca‘ – Eine Einführung
„E lucevan le stelle“ – „Und es leuchteten die Sterne“ lautet der Anfang der berühmten Arie des Cavaradossi aus Giacomo Puccinis Oper „Tosca“. Leuchtende Sterne und leuchtende Augen gibt es auch in St. Margarethen, wenn „Tosca“ erneut auf der spektakulärsten Open-Air Bühnen des Burgenlands zur Aufführung kommt. Puccini vertonte einen Stoff voller Dramatik, politischer Intrigen und Leidenschaft – einen musikalischen Thriller. Doch worum geht es in „Tosca“, welche Arien sollte man kennen und was sind die wichtigsten Fakten zu Komponist Giacomo Puccini? Hier frischen Sie ihr Wissen rund um Puccini und Tosca wieder auf.

Giacomo Puccinis Opern zählen zu den schönsten Werken des Genres. Kein Wunder also, dass sie auch aus dem Repertoire der Oper im Steinbruch nicht wegzudenken sind: Mit Aufführungen von „Tosca“ und „Turandot“ begeisterte man etwa bereits in den Jahren 2015 und 2021. Doch auch Titel wie „La Bohème“ oder „Madama Butterfly“ sind selbst Nicht-Opern-Fans ein Begriff und die Arien „Nessun dorma“ sowie „O mio babbino caro“ hat wohl fast jeder schon irgendwann einmal gehört. Doch wer war der Mann hinter diesen hinreißenden Melodien?
Wer war Giacomo Puccini und was sind seine bekanntesten Werke?
Giacomo Puccini wurde am 22. Dezember 1858 in der toskanischen Stadt Lucca geboren. Die Musikalität lag in der Familie: Schon Giacomos gleichnamiger Ururgroßvater war als Komponist, Kapellmeister und Organist tätig gewesen. Er selbst bezeichnete eine Aufführung von Giuseppe Verdis „Aida“, die er mit 18 Jahren sah, als einen Schlüsselmoment in seinem Karriereweg:
„Seit ich Aida in Pisa besucht habe, spüre ich, dass sich ein neues musikalisches Fenster in mir geöffnet hat.“
Im Jahr 1880 ging Puccini nach Mailand, um dort am Konservatorium zu studieren. Die Stadt mit dem berühmten Opernhaus „La Scala“ bildete die ideale Umgebung für einen jungen Mann, dessen Opern Weltruhm erlangen sollten. 1884 wurde seine erste Oper „Le Villi“ unter großem Beifall aufgeführt. In der Folge avancierte er mit Meisterwerken wie „Tosca“, „La Bohème“ oder „La fanciulla del West“ schon zu Lebzeiten in Europa und Übersee zum Star.
Auch privat entsprach Puccinis Leben wohl der Vorstellung, die man auch heute noch von Prominenten hat: Er liebte schnelle Automobile, reiste viel und seine Liebesbeziehungen waren von Skandalen mit teils tragischem Ende begleitet. Im Jahr 1923 wurde bei dem passionierten Raucher Kehlkopfkrebs diagnostiziert. Puccini starb am 29. November 1924 an den Folgen einer Halsoperation in Brüssel. Seine letzte, unvollendet gebliebene Oper „Turandot“ gelangte posthum zur Uraufführung.
Wie entstand Giacomo Puccinis „Tosca“?
Puccinis Oper basiert auf einem Theaterstück des französischen Autors Victorien Sardou mit dem Titel „La Tosca“. Sardous Werk wurde am 24. November 1887 in Paris uraufgeführt und erreichte in ganz Europa große Popularität, sodass Puccini schon bald um die Rechte an einer Vertonung bat. Nach einigem Hin und Her – Sardou hätte lieber einen bereits bekannteren und vor allem französischen Komponisten für eine Adaption seines Stoffes gehabt – einigte man sich 1895 auf das Projekt.
Für das Musiktheater wurde die Handlung von „La Tosca“ durch die Librettisten Luigi Illica und Giuseppe Giacosa gestrafft. Deren ursprüngliche Idee, Tosca solle statt Selbstmord zu begehen dem Wahnsinn verfallen, stieß allerdings bei Sardou auf Widerstand – es blieb beim Sprung in den Tod.
Am 24. Jänner 1900 war es schließlich so weit: „Tosca“ feierte in Rom Premiere und eroberte schon bald die ganze Welt.
Was ist der „Verismo“ und wie schlägt er sich in „Tosca“ nieder?
„Verismo“ bedeutet so viel wie „Realismus“. Der Name dieser Stilrichtung, die zwischen 1890 und 1920 in der italienischen Oper beliebt war, sagt also schon einiges über deren Charakteristika aus: Die Handlung drehte sich nicht mehr um Adelige oder mythologische Figuren, sondern spielte im einfacheren Milieu und gipfelte meist in Beziehungsdelikten oder anderen Gewaltakten. Zudem wurden teilweise realistische Geräusche eingegliedert, etwa lautes Lachen, Schreie und Pistolenschüsse. Neben „Tosca“ gelten u. a. Pietro Mascagnis „Cavalleria Rusticana“ und Ruggiero Leoncavallos „Pagliacci“ als Hauptbeispiele der Verismo-Opern.
Den Anspruch an den „Verismo“ erkennt man in „Tosca“ nicht nur daran, dass die Oper an realen Schauplätzen spielt (dazu später mehr), sondern auch an gezeigten Szenen. Während in früheren Opern brutale Handlungen dem Publikum meist nur „erzählt“ wurden, ließ Puccini Mord, Vergewaltigungsversuche und Suizid mitten auf der Bühne stattfinden – besonders die Exekutionsszene sorgte für Diskussion bei zeitgenössischen Zuseherinnen und Zusehern.
Was ist der Inhalt der Oper „Tosca“?
„Tosca“ erzählt die dramatische Geschichte der gefeierten Opernsängerin Floria Tosca, ihres Geliebten Mario Cavaradossi und des skrupellosen Polizeichefs Scarpia vor dem Hintergrund der napoleonischen Kriege.
Der Maler Cavaradossi fertigt ein Marienbild in der Kirche Sant‘ Andrea della Valle an. Dort versteckt sich der politische Gefangene Cesare Angelotti, der aus der Engelsburg fliehen konnte. Er ist ein alter Freund Cavaradossis und bittet ihn um Hilfe. Währenddessen erscheint Tosca in der Kirche und konfrontiert ihren Geliebten Cavaradossi mit ihrer Eifersucht, da sie in dessen Porträt der Maria die Gräfin Attavanti zu erkennen glaubt. Cavaradossi kann sie jedoch beruhigen und zu einem abendlichen Treffen verabreden. Als Tosca die Kirche wieder verlässt, hilft er seinem Freund Angelotti zu fliehen. Ein Kanonenschuss von der Engelsburg zeigt an, dass Angelottis Ausbruch nunmehr entdeckt wurde. Baron Scarpia, der Polizeichef, erscheint in der Kirche und vermutet schnell, dass Angelotti hier war und von Cavaradossi unterstützt wurde. Tosca kehrt in die Kirche zurück, da sie die Verabredung mit Cavaradossi nicht einhalten kann. Scarpia schürt erneut ihre Eifersucht und Tosca bricht auf, um ihren Geliebten zur Rede zu stellen. Scarpia schickt ihr einen Polizeiagenten nach.
In der Villa Farnese lässt Scarpio Cavaradossi foltern, damit dieser das Versteck Angelottis preisgibt. Tosca, die von Scarpia in die Villa eingeladen wurde und nun die Schmerzensschreie ihres Geliebten aus dem Nebenzimmer hören muss, verrät schließlich das Geheimnis. Angelotti bringt sich daraufhin selbst um. Als die Nachricht vom Sieg Napoleons gegen die mit dem Kirchenstaat verbündeten Österreicher eintrifft, bekennt sich Cavaradossi zu seinen politischen Idealen. Scarpia will ihn darauf hinrichten lassen, doch Tosca fragt nach dem Preis für das Leben ihres Geliebten. Der Polizeichef antwortet, dass Tosca ihm zu Willen sein soll. Verzweifelt willigt Tosca ein, nennt allerdings als Bedingungen, dass sie selbst Cavaradossi von seiner Begnadigung erzählen darf und dass Scarpia für die beiden einen Geleitbrief zur Flucht bereitstellen solle. Als Scarpia den Brief verfasst, tötet Tosca ihn mit einem Messer und nimmt das soeben fertiggestellte Schreiben an sich.
Am Morgen sitzt Cavaradossi auf einer Plattform der Engelsburg und sieht seiner Erschießung entgegen. Tosca hat sich Zutritt in das Gefängnis verschafft und berichtet ihm, dass die Hinrichtung nur zum Schein stattfinden soll. Doch als das Erschießungskommando erscheint und auf Cavaradossi schießt, stürzt leblos zu Boden. Tosca muss mit Schrecken erkennen, dass Scarpia sie getäuscht hat: Ihr Geliebter ist tatsächlich tot. Zwischenzeitlich wurde auch der Mord an Scarpia bekannt und Polizisten erscheinen, um Tosca festzunehmen. Diese erklimmt jedoch die Brüstung der Engelsburg und springt in den Tod.
Wann und wo spielt „Tosca“ und wie holte Puccini die Schauplätze auf die Bühne?
Die Handlung von „Tosca“ spielt sich innerhalb von nicht einmal zwei Tagen ab: vom 17. Juni 1800 bis zum darauffolgenden Morgengrauen. Zwar ist die Geschichte rund um Tosca, Cavaradossi und Scarpia frei erfunden, im Sinne des „Verismo“ bilden jedoch die napoleonischen Kriege den historischen Hintergrund des Geschehens. Konkret wird auf die am 14. Juni 1800 stattgefundene Schlacht bei Marengo Bezug genommen, bei der Napoleon einen entscheidenden Sieg über die Österreicher erlangen konnte.
Schauplatz der Oper ist Rom, genauer die Basilika San‘ Andrea della Valle, der Palazzo Farnese und die Engelsburg mit Blick auf den Petersdom. Um die Ewige Stadt möglichst realitätsgetreu auf die Bühne zu holen, brach Puccini zu einer Studienfahrt auf:
„[…] Ich wollte unbedingt wissen, wie die Kirchenglocken wirklich klingen, reiste deshalb nach Rom und saß mehrere Tage lang auf den Stufen des Brunnens vor dem St.-Peters-Dom, um den Glocken zuzuhören. Die große ist auf E gestimmt. Ich hatte Notenpapier bei mir und zeichnete den Klang der Glocke auf […].”
„Toscas“ Musik fängt somit auch die Klangkulisse Roms ein – besonders im Vorspiel zum dritten Akt, wenn ein Hirte sein einsames Lied anstimmt und das einfache Gebimmel der Herdenglocken mit dem darauffolgenden erhabenen Kirchengeläut kontrastiert. Von dieser Szene beeindruckt schrieb auch Puccinis Kollege Gustav Mahler:
„[…] im 3. Akt wird wieder mit der Aussicht von einer Citadelle auf ganz Rom riesig gebimbambummelt […]. Man braucht ja wohl nicht zu sagen, dass das Ganze wieder ein Meistermachwerk ist.“
Wie endet Giacomo Puccinis „Tosca“ und was hat das mit einer Anekdote zu tun?
Um der Verhaftung nach dem Mord an Scarpia zu entgehen, stürzt sich die verzweifelte Tosca von der Engelsburg. In ihrem letzten Ausruf vor dem Sprung wendet sie sich noch einmal an ihren Widersacher: „O Scarpia, Avanti a Dio!“, häufig übersetzt mit „Oh Scarpia, (wir sehen uns) vor Gott!“ Ist dies eine Mahnung an Scarpia, dass Gott noch über dessen Taten richten wird?
Die von Victorien Sardou eingebrachte Idee, Tosca von der Engelsburg direkt in den Tiber springen zu lassen, scheiterte übrigens an Puccinis Anspruch auf Realismus: Der Tiber fließt dafür nicht nah genug am Papstpalast vorbei.
Toscas dramatischer Sprung gehört dennoch sicherlich zu den bühnentechnisch aufwendigeren Todesarten des – an Sterbeszenen nicht gerade armen – Operngenres. Schließlich muss man bei aller Bekenntnis zum Verismo darauf achten, dass die Sopranistin keinen wirklichen Schaden von diesem Stunt nimmt. Oft werden daher Matratzen hinter der Bühnenattrappe versteckt, auf denen sie weich landen kann. Doch was, wenn die Matratze etwas zu gut gefedert ist und Tosca zum Gaudium des Publikums plötzlich wieder auftaucht? Das ist der Kern einer der berühmtesten Anekdoten des Musiktheaters, die u. a. auch von Schauspieler und Opernregisseur Otto Schenk in seiner Hommage „Tosca auf dem Trampolin und andere Opernkatastrophen“ von 1982 aufgegriffen wurde.
Wie heißen die berühmten Arien aus „Tosca“?
Die bekanntesten Arien aus Tosca – „Vissi d’arte“ und „E lucevan le stelle“ – schrieb Puccini für die titelgebende Figur selbst und für ihren Geliebten Cavaradossi.
„Vissi d’arte“ ist Teil des zweiten Akts. Die Arie unterbricht die Handlung für einen Moment und lässt tief in Toscas Seele blicken. Scarpia hat ihr gerade einen grausamen Handel angeboten: Cavaradossi soll begnadigt werden, sofern Tosca Willens sei, sich Scarpia hinzugeben. Tosca ist verzweifelt. Sie habe nur für die Kunst – „Vissi d’arte“ – und die Liebe gelebt, sei immerzu aufrichtig und fromm gewesen. Warum also hat Gott ihr dies alles so gedankt?
Mit „E lucevan le stelle“ schuf Giacomo Puccini eine der beliebtesten Opernarien überhaupt. Sie wird im dritten Akt von Cavaradossi gesungen, der in der Engelsburg auf seine Hinrichtung wartet. Angesichts dessen schwelgt er in Erinnerungen an nächtliche Begegnungen mit Tosca und beklagt seinen bevorstehenden Tod: „L'ora è fuggita e muoio disperato! E non ho amato mai tanto la vita!“ – „Die Stunde ist vergangen und ich sterbe in Verzweiflung! Und nie habe ich das Leben so sehr geliebt!“
Die Arie ist in h-moll gehalten und besticht vor allem durch den dramatischen Spannungsaufbau. Eine Klarinette nimmt leise die charakteristische Melodie vorweg, bevor sich Cavaradossi in immer größere Verzweiflung singt. Das Hauptmotiv der Arie erklingt in den letzten Takten des Finales erneut, genau in dem Moment, in dem Tosca sich von der Burgmauer in den Tod stürzt.
Giacomo Puccinis „Tosca“ ist ein Werk, das nicht nur dank der wunderschönen Melodien unter die Haut geht. Erleben Sie dieses Meisterwerk in einer der spektakulärsten Freilichtbühnen des Landes und lassen Sie sich verzaubern – die Oper im Steinbruch St. Margarethen verspricht mit „Tosca“ mit einmal mehr einen Abend der ganz großen Emotionen.